Denkanstöße, Entwürfe, Ideen
Helge Mücke: Rückblick, Einblick, Vorblick, persönlich gefärbt (Beispiel Hannover)
Der folgende Text berichtet über Erfahrungen mit der "Neuen Arbeit" in Hannover und wurde für die Printausgabe geschrieben.
Mein Verhältnis zum Thema „Neue Arbeit“ hat
sich sehr verändert. Ich habe viel gelernt, kennen gelernt, auch
Enttäuschungen, und bin für mich wichtigen Menschen
begegnet.
Der Anstoß kam vor rund einem Jahr am ersten „Tag
der Initiativen“ im Rudolf-Steiner-Haus in Hannover: ein Vortrag,
eine Diskussionsrunde. Das fand Widerhall in eigenen Erfahrungen,
denn die Nachteile der „alten“ Arbeit habe ich ausreichend
mitbekommen. „Wider“hall auch wörtlich, denn ich war gegen
eine Aussage, die dort fiel: ALG 2 nach Hartz IV sei ja quasi schon
ein bedingungsloses Grundeinkommen - das Gegenteil stimmt, weil
schärfere Bedingungen (und Disziplinarmaßnahmen)
vorgesehen sind, ist es eben gerade nicht bedingungslos; die frühere
Sozialhilfe war dem bedingungslosen vergleichsweise näher.
Es hat dann seit Juni vorigen Jahres 14-täglich ein Gesprächskreis stattgefunden: immerhin 15-mal, was in unserer schnell-lebigen Zeit schon ziemlich gut ist. Der Teilnehmerkreis bröckelte dann aber ab. Zum selben Termin wurde deshalb ein Gesprächskreis mit dem spezielleren Thema „Regiogeld = Leinekies“ begonnen. Aus einem Grunde finde ich das Ende des Gesprächskreises zur Neuen Arbeit bedauerlich - ab und zu war es in schöner Weise gelungen, für die Gespräche einen Stimmenraum, Atemraum, Seelenraum zu schaffen - nicht zuletzt durch die eingespielten Rituale: gemeinsames „künstlerisches“ Tun am Anfang, freie Wahrnehmungsrunde danach (Mitteilung von Alltagsbeobachtungen), dann erst die Besprechung des speziellen Themas. Der Raum fehlt nun leider.
Für mich gehört die Dreiheit Grundeinkommen - Neue Arbeit - Regiogeld zusammen. Hätten wir schon ein bedingungsloses (!!) Grundeinkommen, gäbe es viel mehr Initiativen im Sinne der Neuen Arbeit, die zumindest im Denken die Trennung von Einkommen und Arbeit erfordert. Solange wir ein solches Grundeinkommen nicht haben, könnte der regionale Geldfluss - vergleichbar einer Tauschgemeinschaft - erleichternd wirken.
Für mich ist der Themenkreis alte Arbeit - neue Arbeit vor allem auch eine Frage der Menschenwürde. In unserer neoliberalen, global geprägten Welt wird immer noch der Mensch ohne Arbeit (ohne Lohnarbeit im klassischen Sinne, auch „Erwerbsloser“ genannt) viel zu sehr missachtet. Das begann mit den Aussagen eines Kanzlers, es gebe kein Recht auf Faulheit, und endet noch lange nicht bei der Scheinfrage eines Moderators an Götz Werner, was denn für ein Sinn darin liegen solle, Menschen, die sowieso schon faul auf dem Sofa lägen, auch noch etwas zusätzlich zu zahlen. Dabei sind es gegenwärtig die vielen Menschen, die bereit waren, vorzeitig in Rente zu gehen, klaglos eine betriebsbedingte Kündigung hinzunehmen, oder sich zu einem Minijob oder Niedriglohn oder zur Langzeitarbeitslosigkeit zwingen ließen, die unsere Wirtschaft am Laufen halten! Man sollte ihnen also dankbar sein!
Gefragt ist also im Zusammenhang mit dem Neuen Denken und der Neuen Arbeit eine neue Kultur der Solidarität und Dankbarkeit!
In letzter Zeit war ich sehr damit beschäftigt, herauszufinden, welche praktischen Initiativen zur „Neuen Arbeit“ es überhaupt gibt bzw. welche noch tatsächlich existieren. Das ist generell ziemlich mager, selbst die deutsche Gruppierung zu Frithjof Bergmann ist momentan in Halbschlaf verfallen. Einige haben aber auch positive Rückmeldung gegeben. Dem wird weiter nachzugehen sein, davon wird in weiteren Ausgaben zu berichten sein.
Die es hoffentlich geben wird - sicherlich auch eine Finanzierungsfrage (Spenden und Anzeigenaufträge jederzeit willkommen ... ) Wichtig heute auch die virtuelle Vernetzung - s. http://www.neuearbeit.typepad.com - die Seite, auf der Sie sich befinden.
© Dr. Helge Mücke, Hannover, leicht veränderter Text aus der Printausgabe der „Zeitung Neue Arbeit“ Nr. 1/2008 vom April 2008, S. 3. Das Bild heißt "Contrapunkt" und im Untertitel "Künstler in Diskussion mit Normalos" (in Köln) und stammt von Dieter Poschmann (poschle) bei pixelio.de
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