Nachbericht vom Vision Summit, dem Gipfeltreffen der Visionäre, der Sozialunternehmer, 8. November 2009 in Berlin - Teil 2
Das hatte mir besonders imponiert, wie in Teil 1 berichtet: dass Jung und Alt hier zusammenkommen und -arbeiten, beim Publikum wie bei den Organisationen. Begonnen hatte ich mit den Jüngsten, "Plant for the Planet". Jetzt gehe ich ans andere Ende, zu den unermüdlichen Alten.
Ehrengast gewissermaßen war auf dieser Tagung Muhammad Yunus, Jahrgang 1940 - der Friedensnobelpreisträger 2006, Gründer der Grameen Bank, der Bank für die Armen, Erfinder der Mikrokredite. Die Anfänge der Grameen-Bank - übersetzt etwa Dorfbank - in Bangladesh lassen sich so zusammenfassen:
" ... 1974 raffte nach der Unabhängigkeit von Pakistan eine
Hungersnot Hunderttausende Menschen in Bangladesch dahin. Da wachte er
auf. "Ich fing an, mich selbst zu hassen, die Arroganz, in der ich tat,
als wüsste ich mit meinen eleganten Wirtschaftstheorien die Antwort."
Also machte er sich mit seinen Studenten auf in die Dörfer. In der
Ortschaft Jobra hatte er die schicksalshafte Begegnung mit Sofia Katun
- von ihr berichtet Yunus seitdem immer, wenn er nach dem Ursprung
seiner Idee gefragt wird. Sie zeigte ihm, dass schon Summen, die sich
im Kopf ausrechnen lassen, reichen, um Armut zu bekämpfen ... Die Korbflechterin baute Stühle und Hocker. Doch die Weiden dafür
konnte sie nicht bezahlen - diese musste sie sich von einem Händler
besorgen, der dafür später ihre Produkte vertrieb. Den Großteil des
Gewinns sackte er ein.
"Das war rundum und vollständig inakzeptabel", sagte der Professor
später empört. Dabei reichten der Frau schon 27 Dollar, um die Weiden einmal
selbst zu kaufen - und ihr Geschäft ab da allein zu betreiben. Das habe
die Studentengruppe damals ausgerechnet. Und damit das Grameen-Projekt
geboren". Mehr Informationen, von dort auch das Zitat: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,442506,00.html
Während der Tagung brachte Yunus den Unterschied eines Sozialunternehmers zu normalen Wirtschaftsformen auf eine knappe Formel, die mir gut gefallen hat; sinngemäß: Unternehmer des üblichen Standards wollen an erster Stelle Gewinn erzielen, gleich, ob das auch Probleme mit sich bringt; Sozialunternehmer fragen sich zuerst: Da ist ein Problem - wie kann ich es lösen?
Weitere Informationen und das Video des Impulsreferats finden sich auf der Seite des Vision Summit.
Wichtig zu wissen: Heute gibt es Initiativen in über 100 Ländern, die nach dem Grundsatz der Grameen Bank arbeiten. Inzwischen werden Kleinstkredite an rund 6,6 Millionen arme Menschen vergeben.
Muhammad Yunus sagt: "Wir erleben gerade ein weltweites soziales Wirtschaftswunder. Der Zug ist auf dem Gleis. Niemand kann ihn mehr stoppen."
Auf der Veranstaltung am 8. November wurden auch Preise verliehen - der Vision Award 2009. Dazu zitiere ich den Text, der inzwischen auf der bereits genannten Netzseite "Vision Summit" zu lesen ist: "An zwei Programmpunkten, vormittags und abends, wurden die diesjährigen
Vision Awards an drei Pioniere für Social Business übergeben. Hans
Reitz vom Grameen Creative Lab hielt die Laudatio für die
Grameen-Danone-Community, die das erste große Social Business Joint
Venture zwischen Grameen und Danone umsetzte. Den Preis hierfür nahmen
stellvertretend Ramin Khabirpour, CEO von Danone Deutschland sowie
Mittel- und Osteuropa, sowie Imamus Sultan, CEO von Grameen Healthcare
Services, entgegen (Bild). Weiterer Preisträger waren der Berliner
Sozialunternehmer Friedrich Kiesinger, für den der Berliner
Wirtschaftssenator Harald Wolf die Laudatio hielt, und Nurjahan Begum,
CEO von Grameen Education. Die Laudatio auf sie hielt Prof. Margret
Kennedy, den Preis für die erkrankte Frau Begum nahm Lamiya Morshed
entgegen, Exekutivdirektor des Yunus Center ... Die
Preise wurden von Marianne Obermüller und Peter Spiegel übergeben, die
beiden Geschäftsführer des GENISIS Instituts."
Ich könnte noch viel berichten, bisher habe ich nur einen kleinen Ausschnitt gestreift - vielleicht gibt es einen dritten Teil?
(C) Text und Bilder: Dr. Helge Mücke, Hannover
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